Einleitung
 

Kommunikationsbezogene Beschreibungen des Sehens

Kommunikationsbezogene Beschreibungen des Sehens schließlich, wie in Soziologie, Kultur-, Kunst-, Kommunikations- und Medienwissenschaften, beschreiben Sehfähigkeiten anhand einer speziellen Klasse visueller Phänomene – visuell-kommunikativer Artefakte –, die sie zumeist mithilfe zusammengestellter Bildmaterialien aus Massenmedien und Künsten exemplifizierend darstellen. Sie sind in aller Regel in einer Umgangssprache verfasst, die mit Fachausdrücken verschiedener Provenienz angereichert ist – das heißt, sie gehen visuelle Fragen zumeist vom oberen Ende der Komplexität her an und sind weniger auf eine Fundierung ihrer Terminologie ausgerichtet. Begriffe wie Stil, Inhalt, visuelle Kultur, visuelle Kommunikation werden benutzt, aber in den meisten Fällen weder spezifisch visuell hergeleitet noch systematisch zueinander in Beziehung gesetzt.

In der nicht-systematischen Rückführung sichtbarer Phänomene und ihrer Wahrnehmung auf soziale, kulturelle Bedingungen gerät häufig die Spezifik des Visuellen außer Sicht. Zugespitzt beschrieben: Kommunikationsbezogene Beschreibungen des Sehens sind häufig entweder unterspezifiziert oder überspezialisiert. Denn sie prägen ihre Begriffe entweder in soziologischen Aussagen, die auch für nicht-visuelle Wahrnehmungsmodi gelten könnten, oder in Aussagen über visuelle Phänomene, die nur in speziellen Soziokulturen angetroffen werden.

Als eine Unterkategorie der kommunikationsbezogenen Beschreibungen lässt sich die außerwissenschaftliche Fachliteratur der praxisorientierten Vermittlung von Kunst und Gestaltung einordnen. Sie reduziert Fragen des Sehens zumeist auf Fragen des Visualisierens, vor allem des bildlichen Darstellens, und beschränkt sich darin auf Begriffe, die auf spezielle Medien, Techniken, Traditionslinien, Stilistiken oder inhaltliche Thematiken zugeschnitten sind.

Sichtbarkeiten systematisch als Bedingung von Kommunikationsprozessen zu beschreiben, heißt also, sich an die Phänomene zu halten, die visuelle Subjektivität an Kommunikationstypen festmacht und daher zumeist entsprechend entwickelte kulturtechnische Kompetenzen zur Voraussetzung haben. In Relation zu situationsgenerellen Prozessen des Körpers und zum mittelgradig situationsspezifischen sichtgesteuerten Verhalten ist visuelle Kommunikation eine hochgradig situationsspezifische Wirkung visueller Bedingungen.

Auf zwei spezielle Forschungsrichtungen der vor allem kommunikationsbezogenen Beschreibungen will ich noch etwas näher eingehen, denn ihnen verdankt mein Ansatz besonders wichtige Anregungen.