Einleitung
 

Semiotik-Problem 2

Ein zweites Problem der Semiotik bestand für mich darin, dass sie sich mit Phänomenen jedweder Erscheinungsform befasst. Dazu gehören neben Phänomenen des Sehens ebenso solche des Hörens, Tastens oder anderer Sinnesmodalitäten; Phänomene der non-verbalen wie der verbalen Kommunikation; Phänomene emotionaler und kognitiver Prozesse; sowie Phänomene, deren subjektive Wahrnehmbarkeit als Funktion sozialer, kultureller, medialer Bedingungen objektiviert beschrieben wird. In dieser thematischen Universalität sah ich ein doppeltes Anwendbarkeitsproblem semiotischer Terminologie. Weshalb:

Einerseits – aufgrund ihres also äußerst allgemeinen Geltungsanspruchs – ist klassische Semiotik in zu allgemeine Unterscheidungen und Verknüpfungen strukturiert, um auf die speziellen Fragen anwendbar zu sein, die sich beim Beschreiben visueller Phänomene unvermeidlich stellen. Semiotische Terminologie ist zu unspezifisch, um speziell Sichtbarkeiten mit ihr systematisch zu unterscheiden.

Andererseits aber – und bei aller phänomenologischen Universalität der Semiotik – divergieren ihre Einzelbeiträge oftmals im Grundverständnis des Themengegenstandes Zeichen. Mal werden Zeichen im äußerst allgemeinen Sinne thematisiert, mal lediglich im Sinne kommunikativer Bedeutungsträger. Gerade beides zusammenzubringen aber und zu bestimmen, welche Merkmale und Bedingungen gegeben sein müssen, damit irgendein allgemeines Zeichen eventuell auch als ein kommunikatives gedeutet werden könnte, müsste eigentlich eine der wesentlichen Fragestellungen jeder wirklich systematischen Semiotik sein. Die Schwelle von nicht-kommunikativen zu kommunikativen visuellen Phänomenen und die spezifisch visuellen Bedingungen ihres Überschreitens, versuche ich daher in meiner Darstellung deutlich herauszuarbeiten.