Fragestellung und Methode
 

Zweitens

Zum zweiten kann man nicht voraussetzen, dass die Menge der sehenden Wesen und die Menge der Sehfähigkeiten gleich groß sind. Verschiedene Arten von Lebewesen sind nicht notwendigerweise gleichermaßen verschieden in ihren Sehfähigkeiten. Selbst wenn man also die Menge der sehenden Wesen irgendwie auf eine endliche Zahl von Gattungen und Individuen begrenzte, wäre es nicht plausibel, dieses Gliederungsmuster als Schablone für eine Gliederung der Sehfähigkeiten zu benutzen. Um sicher zu sein, dass Art-Begriffe wie „Fisch“, „Fliege“, „Hund“, „Kuh“, „Mensch“ für verschiedene Arten des Sehens stehen, müsste die Gliederung der Sehfähigkeiten ja bereits geleistet sein.

Zur Klärung des Begriffs Sehen unbrauchbar sind deshalb aber nicht nur die üblichen Begriffe für vollständige Wesen, sondern auch alle Begriffe für Teile von Wesen – also auch Begriffe für „Sehorgane“, „Augentypen“, „Rezeptorzellen“, „Sehnerven“, „Hirnareale“ und so weiter. Diese Begriffe setzen entweder ein Wissen über Fähigkeiten und ihre Zusammenhänge voraus, das überhaupt erst entwickelt werden müsste, oder sie klären allenfalls jene wenigen isolierten Teile des Sehens, die als Funktionen spezieller Teile des Körpers identifizierbar sind.

Wesensbegriffe entsprechen nicht notwendigerweise
den Begriffen für Sehfähigkeiten (bzw. Sichtbarkeiten).